Die Vertrauensleine – Leinenführigkeit

Die ewige Geschichte mit der Hundeleine

Die Leine soll Vertrauen bieten, die Leine soll den Hund führen, die Leine soll für den Hund nur angenehm sein… – so sehen es viele Hundehalter. Ich sehe das ganz anders und möchte dir hier kurz erklären warum.

Verhinderung und geglaubte Sicherheit

Sehr oft wird über die Leine nur in der Verhinderung dem Hund gegenüber argumentiert. Dabei wird der Hund über die Leine ausschließlich zurückgehalten. Entsteht dann noch Zug auf der Leine, fällt der Hund schnell in den Oppositionsreflex (zum Artikel Oppositionsreflex geht es hier) und dabei wird alles von Bedeutung, wo der Hund nicht hin kann. Das Verwehren fördert das Begehren. Nur welche Bedeutung der Hund dieser Situation gibt, liegt eben nur am Hund. Es kann von großer Freude bis zu situativer Aggression alles dabei sein.

Vertrauensperson Mensch

Vielmehr solltest du als Mensch deinen Hund führen. So kannst du zur Vertrauensperson werden, an der sich dein Hund orientieren wird. Die Leine ist dazu nur ein Hilfsmittel, da wir Menschen zu langsam und zu zögerlich sind, im Vergleich zu unserem Hund. Der Hund handelt notwenigkeitsgesteuert und das blitzschnell, kompromisslos und ohne Diskussionen. Während wir die Situation noch bewerten, ist der Hund schon lange in der Umsetzung. Die Leine ist vielmehr ein „Sicherheitsgurt“ für den Hund, so wie für uns Menschen im Auto. Nur ich als Mensch bin zuständig, dass mein Hund nie mit einem Normsturz in diesen „Sicherheitsgurt“ hineinfällt.

Leine als klassisches Element

Ganz schnell erkennt der Hund die Leine als ein klassisches Element. Der Hund wird also leinenschlau – gemacht. Ist die Leine am Hund, benimmt er sich so, ist die Leine ab, benimmt er sich völlig anderes. Das kannst du ganz oft selber auf Hundewiesen beobachten. Gibt es an der Leine bei Hundesichtung ein wildes Getöse im Hund, verhält sich derselbe Hund ohne Leine meist sehr sozialkompetent und es folgt eine entspannte Hundebegegnung. Auch hier gilt wieder Zug erzeugt Gegenzug, Druck erzeugt Gegendruck.

Auch das Klicken des Karbiners haben viele Hunde sehr fix für sich verinnerlicht. Klick heißt Vollgas. Auch dabei ist die Leine zum klassischen Element geworden und nicht du regelst das was, wann und wo.

Der Leinenruck

Durch die Beschreibung der oben genannten Vorgänge, erklärt es sich schon als selbstverständlich, dass der oft verwendete Leinenruck nicht günstig ist in der Vermittlung einer Gemeinsamkeit. Erstens findet er meist in der Nähe vom Hund statt (was deiner Vertrauenszone nicht dienlich ist, du machst deine Nähe unangenehm) und er ist von der Signalgebung viel zu ungenau und viel zu langsam. Zweitens macht er genau diese Leine sehr klar zum klassischen Element. Drittens verursacht er bei meist unsachgemäßer Anwendung Schmerz und unnötige Spannung im Hund. Das gleiche bezieht sich auch auf das „Zurückwerfen“ des Hundes. Dabei ist es völlig unerheblich, ob der Hund am Geschirr oder am Halsband geführt wird. Gerade dieses Vorgehen, ist aus meiner persönlichen Sicht, ein Armutszeugnis des Menschen.

Kraft und körperliche Überlegenheit darf keine Rolle spielen.

Aus diesen drei Gründen empfehle ich dir, dich sehr schnell vom Einsatz der Leine über diese Techniken zu verabschieden. Manchmal ist das nicht so einfach, dass ist mir schon bewusst. Gerade wenn dieses Verhalten schon über einen längeren Zeitraum dem Mensch fast in Fleisch und Blut übergegangen ist. Ich hole die Menschen dann da ab wo sie gerade stehen, optimiere die Leinenarbeit über eine Leinenwelle hin zum Hund um dieses Verhalten auf Seiten des Menschen langsam und zuverlässig auszuschleichen. In ganz besonderen Fällen, führt auch eine situative Änderung der Leinenführtechnik über eine bauchgeführte Leine zum Erfolg. (Das vermittel ich nur in passenden Fällen sehr achtsamen Menschen.)

Fazit – Leinenführigkeit

Der Hund wird sehr schnell leinenführig werden, dazu gibt es sehr verschiedene Wege (zum Artikel der Leinenführigkeit geht es hier und hier). Das ist auch gut so und bestimmt hast du schon einen Weg gefunden, wir ihr das erfolgreich macht. Wirkliche Führung im Sinne einer sicheren gemeinsamen Begleitung, sollte aber nichts mit der Leine zu tun haben. Es schärft gleichzeitig deine Sinne, wenn dir bewusst ist, dass du eben die geglaubte Sicherheit nicht in der Hand hast. Somit wirst du schneller ins handeln kommen – müssen. Dein wird Hund begeistert sein!

„Die Hundehalter werden systematisch durch die Leine verblödet“
(Zitat: Dennis Panthen, PRO dog-Trainer Essen)

Durchbrich den Leinenzwist, ein guter Hundeführer ist immer besser als sein Hund und führt „nackt“. Du kannst das auch. Viel Freude dabei.

Eine Idee für dich

Im ersten Schritt kannst du deine schwere Hundeleine gegen eine Leichtere tauschen. Ich empfehle dir dazu ein Tau von ca. 5 mm Durchmesser (bei kleineren Hunden tun es gern auch 2 mm, reicht völlig) und ca. 3 Meter Länge. Das Material dazu bekommst du sehr preiswert zum Beispiel bei Globetrotter in der Bergsteigerabteilung von der Rolle oder als Rest. Dazu noch einen Karabiner mit Schnapper Verschluss.

Binde jetzt die Leine, ohne Karabiner, einfach fest an das Halsband oder an das Geschirr und das andere Ende versiehst du mit einer Schlaufe und kannst du dir jetzt mit dem Karabinier an deinem Gürtel befestigen.

Schon hast du die Hände frei. Starte nun in das Miteinander nur noch ohne die Leine zu berühren. Für den Notfall hast du die Leine, also den „Sicherheitsgurt“, für deinen Hund ja fest an dir und kannst ihn in Situationen, wo deine Führung noch nicht eindeutig und klar ist, zu seiner Sicherheit kurz blockieren. Dein Ziel sollte es sein, ganz viel mit freien Händen zu führen, über dich, über deine Person, über deine innere Haltung.

Herzliche Grüße Kai

„Führung braucht Vertrauen“