Der Anfang in der Hundeerziehung

Warum es so wichtig ist, den Anfang zu finden
Alles beginnt immer am Anfang

Es ist eine Herausforderung der sehr besonderen Art herauszufinden, wo alles seinen Anfang in der Hundeerziehung hat. Wie kann man das erfassen? Schon im Miteinander mit unseren Mitmenschen sind wir oft auf das Deuten, das “zwischen den Zeilen Lesen” angewiesen – in Gesprächen oder während bestimmter Handlungen. Was wir von unserem Gegenüber wahrnehmen können, ist überwiegend die äußere Hülle, nicht aber das, was “hinter den Kulissen” vor sich geht, was ihn inhaltlich wirklich bewegt.

Sie als Hundehalter stehen vor der Aufgabe wahrzunehmen, was ihr Hund Ihnen mit seinem Ausdrucksverhalten sagen möchte bzw. was in ihm vorgeht, warum er gerade das tut oder jenes lässt.

Der Hund ist zwar -ganz wie wir- ein Säugetier, jedoch mit vielen Unterschieden aber auch mit einigen Ähnlichkeiten. Wenn wir uns dies und unser begrenztes Wissen darüber bewusst machen, wird uns das vor schweren Irrtümern bewahren und dem Hund viel Ungerechtigkeit ersparen.

Vom Bewerter zum Beobachter

Sehr schnell neigen wir Menschen dazu, das Verhalten unseres Hundes zu bewerten. Meist legen wir dabei unsere menschlichen Bewertungsmaßstäbe an. Fest steht, wir liegen damit oft weit daneben. Es tut unserem Hund gut, wenn wir unsere Erwartungen öfter mal zurückschrauben und lieber ein Mal mehr erkennen, dass der Hund aus SEINER Sicht keine Fehler macht. Aus SEINER Sicht macht er immer alles richtig. Deshalb gibt es gegenüber dem Hund auch nie eine Strafe, denn Bestrafung setzt ein mutwilliges, absichtliches Vergehen voraus. Was jedoch nicht vorliegt. In der Natur gibt es keine Bestrafung – es gibt nur Konsequenzen.

Das unvoreingenommene Betrachten der Vorgänge in der Tierwelt ist hier der Schlüssel zum Verständnis. Um das Wesen des Hundes verstehen zu können, muss man sehr lange und vor allem mit scharfem Blick beobachten. Mit Freude an diesen Beobachtungen kann es möglich sein, die wesentlichen Züge des Verhaltens zu erkennen. Dann erst können wir es uns vielleicht erlauben, wenn wir die Aktion vor und die Aktion nach einer bestimmten Reaktion genauestens beobachtet haben, eine Bewertung abzugeben. Alles andere sind Vermutungen und Spekulationen.

Wo ist nun der Anfang?

Für mich ist der Anfang ganz klar beim Verlassen des Hauses. Machen wir uns nichts vor, meist ist es doch so: Der Hund läuft voran. Er bestimmt das Tempo. Er schnüffelt hier und markiert da. Der Hund gibt etwas vor und wir reagieren. Wir gehen ihm nach und orientieren uns an seinem Tempo, an seiner Richtung und an seinen Schnüffelpausen. Steigen die Außenreize, steigt natürlich auch das Interesse des Hundes an denselben und führt zu willkommenen Ablenkungen. Diesen geben wir dann meist so lange nach, bis es uns irgendwann langt. Jetzt wird der Hund mit der Leine weitergezogen oder für das Interesse an seiner Umgebung reglementiert. Und das, obwohl er ja eigentlich nichts falsch gemacht hat, denn bis zu diesem Moment haben wir sein Verhalten ja wohlwollend geduldet…

Starten Sie in einen neuen, fairen Dialog

Lassen Sie einmal alle Bewertungen weg. Was wollen Sie?

Fordern Sie von ihrem Hund schon beim Verlassen der Wohnung seine volle Konzentration. Nicht sie orientieren sich am Hund, sondern der Hund sich an Ihnen! Fordern Sie im ersten Schritt die Aufmerksamkeit und die Beachtung Ihres Hundes ein. Nur wenn Sie diese erhalten, können Sie auch in die Kommunikation mit Ihrem Hund starten. Denn nur wenn die Aufmerksamkeit Ihres Hundes auf Sie gerichtet ist, ist er ganz bei Ihnen.

Bleiben Sie ruhig und übernehmen Sie die Führung. Ihr Hund D A R F Ihnen folgen und sich an Ihnen orientieren. Das muss zu einen besonderen Privileg werden. Der Raum vor Ihnen gehört erst einmal Ihnen, ebenso sämtliche Reize die Ihnen begegnen. Das Tempo und die Strecke bestimmen Sie. Am Anfang legen Sie auch die Schnüffelpausen fest – wann, wo und wie lange.

Für Klarheit können Sie bei Ihrem Hund mit Ritualen sorgen. So werden Sie für Ihren Hund berechenbar und das gibt ihm Sicherheit. Wenn Sie so mit eindeutigen Vorgaben und mit Ruhe den gemeinsamen Spaziergang starten, wird es auch eine ruhige Runde werden. Das Gleiche trifft auch für das Aussteigen aus dem Auto zu.

Das klingt für den Anfang nach einer sehr harten Nummer – ist es auch. Ich verspreche Ihnen aber, ihr Hund wird es sehr schnell lieben, wenn Sie ihn so unterstützen und ihn so durch die Welt führen. Das bedeutet danach in der Folge, dass er Ihnen vertrauen kann, sich gern an Ihnen orientiert und später die vielen Freiheiten genießen kann, die so oft durch unsere Köpfe flattern.

Die Lösung dafür sind Sie selbst

Nach einem solchen wertneutralen Start, kann es nur ein wunderbares Miteinander werden. In der Regel hat ihr Hunde dann schnell beide Ohren und seine Aufmerksamkeit immer wieder bei Ihnen. Diese Beachtung lohnt es, zu erwidern. Ein kurzer Blick zum Hund, ein herzliches Lob und eine kurze Berührung signalisiert ihrem Hund, dass alles so richtig ist.

Sollten die Probleme schon recht eingefahren sein oder auf beiden Seiten schon eher eine gereizte Grundstimmung vorliegen, begleite ich Sie gern auf dem Weg zu Ihrem persönlichen, neuen Anfang.

Herzliche Grüße

Kai Hartmann
Hundetrainer Dresden